Eine spätmittelalterliche Wassermühle an der Thaya in Rabensburg

Horst Adler und Helmut Hundsbichler

Quelle: "Fundberichte aus Österreich 19, 1980"; 1981  740 S; ISBN: 3-85-028-082-9 (vergriffen)

Einleitung

Zwischen 1974 und 1980 führte die Abt. f. Bodendenkmalpflege des Bundesdenkmalamtes auf den Parz. 1655 und 1656 der Flur Aulüssen in der KG Bernhardsthal wegen des Baues eines Hochwasser-Schutzdammes entlang der Thaya eine großangelegte Notgrabung durch, um ein germanisches Gehöft aus dem 2. Jh. und der ersten Hälfte des 3. Jhs. zu untersuchen[1]

Im Rahmen dieser Arbeiten konnte überraschenderweise im Südteil des germanischen Siedlungsareals ein römisches Marschlager aus der Zeit der sogenannten Markomannenkriege entdeckt werden, von dem allerdings bloß 100m der Nordfront und 100m der Westfront nachgewiesen werden konnten[2]

Bei Verfolgung des nördlichen Spitzgrabens des römischen Lagers in Richtung Osten stieß man jenseits eines heute nur mehr spärlich wasserführenden Nebenarmes der Thaya, der an dieser Stelle die Grenze zwischen den Katastralgemeinden Bernhardsthal und Rabensburg bildet, im Spätherbst 1978 in Quadrant UU/60, knapp unterhalb des Grundwasserspiegels, auf einen bearbeiteten Holzbalken, dessen Funktion und chronologische Einordnung vorerst unklar blieben

[3]Während der Frühjahrskampagne 1979 wurde die Untersuchung dieses Holzbaues, auf den Parz. 1762 und 1764/2 der KG Rabensburg gelegen (Gem. Rabensburg, BH Mistelbach, Bl. 269 W 113 mm, N 157 mm), durchgeführt (Abb. 1).

Da aus den Profilen der bereits im Herbst 1978 geöffneten Quadranten UU/59 und UU/60 ersichtlich war, daß Thaya-Schwemmaterial bis an die Oberkante des Holzbaues reichte, wurde das tegelige und sandige, mit Schwemmholz durchsetzte Erdmaterial maschinell bis knapp über dem Holzbau abgetragen. In diesem Zusammenhang muß auf die besonderen Schwierigkeiten bei dieser Untersuchung hingewiesen werden: vor der Untersuchung rnußten einige Bäume entfernt werden[4], sowohl die in einer Aulandschaft übliche natürliche Luftfeuchtigkeit und der Gelsenreichtum wie auch das zähe Schwemmaterial stellten an die an dieser Grabungsstelle eingesetzten Arbeiter aus Bernhardsthal und Rabenbsurg große Anforderungen[5], fast der gesamte Bau lag unterhalb des Grundwasserspiegels, so daß während der Arbeiten dauernd das Wasser abgepumpt werden mußte und die Freilegung der einzelnen Holzteile durch fortwährende Einsturzgefahr der Abbauwände nicht gerade begünstigt war (Abb. 2)[6].

Abb. 2

Der freigelegte Bereich wurde in das bei der germanischen Siedlung verwendete Quadrantennetz eingebunden (die Reihen RR-VV und 58-62), alle relevanten Punkte absolut einnivelliert, die einzelnen Holzbalken und -pfosten zum Teil mit Nummern versehen (1-16) und die Stellen, an denen Fundgegenstände geborgen werden konnten, mit Buchstaben versehen (A-J).

Im ersten Teil der Arbeit legt Dr. H. Adler den archäologischen Befund zusammen mit den von Mag. Pharm. K. Vymazal erstellten Holzbestimrnungen und von Dr. H. Felber, Inst. f. Radiumforschung und Kernphysik der Osterr. Akad. d. Wiss., bestimmten Radiokarbondaten[7] sowie das Fundmaterial vor. Der Grundplan der Anlage im Maßstab 1:50 ist am Ende dieses Teiles eingebunden (Abb. 51).

Im zweiten Teil wertet Dr. H. Hundsbichler, Inst. f. mittelalterliche Realienkunde der Österr. Akad. d. Wiss., den vorgelegten Befund historisch aus und legt eine Zusarnmenfassung der Ergebnisse vor. Gerade für die mittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte ist die Zusammenarbeit des Archäologen und Historikers unumgänglich notwendig, "produziert" doch die Spatenforschung neue, bisher unbekannte Quellen, kann allein die Historie wegen der ihr mit den Jahrhunderten vermehrt zur Verfügung stehenden schriftlichen und nichtarchäologischen Sachquellen für die Landeskunde bedeutsam Ergebnisse erzielen. " Die Mittelalterarchäologie jedoch ist auf jeden Fall eine Hilfsdisziplin der literalen Geschichtsforschung, speziell der Mediävistik“[8].